Kann man überhaupt hundertprozentig vegan sein?
Kein Mensch kann leben, ohne Tieren zu schaden. Was bedeutet „vegan“ dann überhaupt noch?
Die ersten Schritte sind noch offensichtlich: kein Fleisch mehr essen, keine Milch trinken und auch keine Kekse mehr essen, bei denen Eier in der Zutatenliste stehen. Komplizierter werden die Fragen meist erst danach: Muss ich beim Brunch meine Freunde darum bitten, noch mal die Brotverpackung aus dem Müll zu fischen, um nach L-Cystein zu gucken? Setze ich mich auf den Boden, wenn die einzige Alternative ein Ledersofa ist? Und wie vegan ist es überhaupt, Pflanzen zu essen, die mit Schlachtabfällen gedüngt sein könnten?
Wer anfängt, sich über solche Dinge Gedanken zu machen, gerät schnell ins Unendliche. Dazu kommen oft ausgerechnet von Fleischessern spitzfindige Sprüche wie der, dass man sich dann ja eigentlich gar nicht mehr bewegen dürfe, um nicht auf Würmer zu treten. Und auch mit anderen Veganern kann man sich super darüber streiten, wer jetzt am vegansten ist, weil er beispielsweise auf Palmöl oder Verpackungskleber achtet. Es scheint, als könne man gar nicht „richtig“ vegan sein.
Dabei geht es beim Vegansein gar nicht um Perfektion. Kein Mensch kann leben, ohne Tieren zu schaden. Auch Veganer können nicht verhindern, dass sie mal versehentlich auf eine Ameise treten oder erst hinterher erfahren, dass im vermeintlich veganen Kuchen doch eine halbe Packung Butter war. Es geht nicht darum, was aus Versehen passiert oder sich nicht verhindern lässt. Es geht darum, Tieren nicht mit Absicht zu schaden und Tierleid zu verhindern, wo man kann.
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Das klingt vielleicht schwammig und nach allen möglichen Hintertürchen, dabei ist es ziemlich klar: Vegan ist, was man mit Absicht macht. Und sobald sich etwas nach Ausrede anfühlt, ist es vermutlich auch eine. „Eigentlich“ vegan zu sein, aber alle zwei Wochen einen Fisch zu essen, ist beispielsweise zwar besser als jeden Tag drei Fische zu essen, aber nicht vegan. Kaffee mit Kuhmilch zu bestellen, weil es gerade keine Sojamilch gibt, gilt genauso wenig wie lieber nicht so genau auf die Inhaltsstoffe eines Lippenstifts zu achten, weil man schon ahnt, dass Karmin drinsteckt. Andererseits verliert man keine Veganpunkte, wenn man mal in einem Auto mitfährt, dessen Sitze mit Leder bezogen sind. Und gewinnt vielleicht sogar welche dazu, wenn man mit den Autobesitzern unterwegs darüber redet, warum vegane Alternativen sich lohnen.
Vegan ist nicht immer bequem, aber es ist auch nicht furchtbar schwierig. Sich selbst oder andere wegen Spitzfindigkeiten fertigzumachen bringt niemandem was. Viel wichtiger ist es, sich immer weiter zu informieren und so gut wie möglich zu versuchen, Tieren nicht zu schaden. Vegan sein ist kein Wettbewerb, und der allergrößte Schritt ist schon getan, wenn man offensichtliche Sachen wie Fleisch, Milch und Eier weglässt. Natürlich kommt man als Veganer immer wieder mal in Situationen, in denen man sich nicht sicher ist. Statt zu überlegen, ob man etwas Bestimmtes essen „darf“, sollte man sich aber lieber fragen, ob es richtig ist und was dagegen getan werden kann. Wenn man beispielsweise weiß, dass Bienen für den menschlichen Honigkonsum manipuliert und ausgebeutet werden, kann man sich beim Kauf von Müsli einfach für eine honigfreie Sorte entscheiden.